Eritrea feiert 25 Jahre Unabhängigkeit von Äthiopien - von Martin Zimmermann

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Date: Wed, 7 Sep 2016 23:46:09 +0200

Martin Zimmermann / 3. September 2016 / 5 Kommentare

Eritrea feiert 25 Jahre Unabhängigkeit von Äthiopien

Lob und Kritik für das Land, dessen Grenze zum Pulverfass wird, denn
Äthiopien erkennt die internationale Grenzziehung nicht an:
Widersprüchlicher als Eritrea wird wohl kaum ein anderes Land der Welt
wahrgenommen. Am 24. Mai 1991 endete der 30-jährige Unabhängigkeitskampf,
in dem die gut organisierte Eritreische Volksbefreiungsfront EPLF die
äthiopische Armee, eine der größten und bestausgerüsteten Armeen Afrikas,
besiegte.

*http://www.spreezeitung.de/23836/eritrea-feiert-25-jahre-unabhaengigkeit-von-aethiopien/
<http://www.spreezeitung.de/23836/eritrea-feiert-25-jahre-unabhaengigkeit-von-aethiopien/>*

25 Jahre sind seither vergangen. Grund zum Feiern, sagen die einen und
verweisen auf große Erfolge beim Wiederaufbau des kriegszerstörten Landes.
Eritrea <http://www.eritrea-hilfswerk.de/ueber%20eritrea.htm> sei ein
Unrechtsstaat, der massiv Menschenrechte verletze, sagen die anderen. In
den Straßen der eritreischen Hauptstadt Asmara herrschte in den Tagen um
den 24. Mai 2016 eine friedliche und ausgelassene Atmosphäre: 25 Jahre
Unabhängigkeit von Äthiopien wurde ausgiebig gefeiert. Auf mehreren
Musikbühnen sorgten rund 200 Musiker und Tänzer aus Uganda, der Türkei,
Südafrika und den USA bei Straßenfesten und in Konzerthallen für Stimmung –
auch Musiker aus Deutschland waren dabei. Die Münsteraner Coverband „Starlight
Excess <http://starlight-excess.com/>“ wurde genauso bejubelt wie das
Orchester der Philharmonie Leipzig unter der Leitung von Michael Köhler,
das Werke von Beethoven, Verdi und Strauß präsentierte. Höhepunkt der
Feierlichkeiten war der 24. Mai. Es war eine beeindruckende, aber keine
pompöse Feier. Die übliche Militärparade fiel eher bescheiden aus.

Eritreas Präsident Issayas Afewerki ließ in seiner Rede die politischen
Herausforderungen bis zur Unabhängigkeit und auch die der vergangenen 25
Jahre Revue passieren. Was Eritrea seit seiner Unabhängigkeit erreicht hat,
ist vielen Medien keine Erwähnung wert – dabei ist Eritrea viel besser als
sein Ruf: Seit 1991 ist die Kindersterblichkeit um zwei Drittel gesunken.
Die Sterblichkeitsrate von Frauen bei der Geburt sank um 78 Prozent.
Malariafälle sind seit 1992 um über 85 Prozent zurückgegangen, seit der
Unabhängigkeit stieg die Lebenserwartung von 48 auf 63 Jahre. Eritrea hat
als eines von wenigen afrikanischen Ländern die Millenniums
Entwicklungsziele der UNO (MDGs) 4, 5 und 6 erreicht. „Das ist vorbildlich
für Afrika“, betont Christine Umutoni, Koordinatorin des
UN-Entwicklungsprogramms (UNDP) in Eritrea, das diese Fakten erhoben hat.
Das Land, so Umutoni, „könne Afrika und dem Rest der Welt Lektionen darüber
erteilen, wie diese Erfolge erreicht wurden“.

Unbestreitbare Fortschritte gibt es auch in anderen Bereichen: 1991 hatten
nur knapp zehn Prozent der Menschen Zugang zu sauberem Wasser, heute sind
es 80 Prozent. Bildung in Eritrea ist kostenlos – und zwar von der
Grundschule bis zur Fachhochschule. Die Alphabetisierungsrate der 15- bis –
24-Jährigen liegt laut dem Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF)
bei Mädchen bei 87 Prozent, bei den Jungen bei 92 Prozent. In sieben
Fachhochschulen des Landes studieren heute fast 14 000 Studenten. Die
Universität Asmara – die geschlossen und dezentralisiert wurde – konnte
dagegen maximal 5000 Studenten aufnehmen. Eritrea ist außerdem in Afrika
führend im Schutz der Biodiversität: Die reichen Fischbestände und die
Korallen an der Rotmeerküste werden vor aggressiven Fischereiflotten
geschützt. Die Energiewende ist im Land auf gutem Weg: Eritreas
Solarenergie-Kapazität steht an dritter Stelle in Afrika. Mit einer
EU-Hilfe von 200 Millionen Euro soll jetzt die Solarenergie-Kapazität
erweitert werden. Andere alternative Energien wie Windenergie und
Geothermie werden nach den Plänen der Regierung in naher Zukunft massiv
ausgebaut.

*Beispielhaft für andere Entwicklungsländer*

Trotz der fürchterlichen Dürre im vergangenen Jahr, die in manchen Gebieten
des Landes, bis zu 90 Prozent Ernteausfällen führte, hungert in Eritrea
heute niemand. Warum? In den vergangenen Jahren wurden rund 900 kleine und
mittlere Staudämme gebaut, die künstliche Bewässerung von Feldern
ermöglichen und die Landwirtschaft unabhängig von der Regenzeit machen. Und
nach den Frühwarnungen der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der
Vereinten Nationen (FAO) 2015 hat die Regierung vorausschauend
Nahrungsmittel aufgekauft. Das ist beispiellos für Regierungen am Horn von
Afrika, genauso wie der Umgang mit den Bodenschätzen des Landes in der Tat
ebenso beispielhaft für andere Entwicklungsländer ist.

„Eritrea will keine schrankenlose Ausbeutung der natürlichen Ressourcen des
Landes, sondern verantwortungsvoll mit diesen umgehen und sie für den
Aufbau der staatlichen Strukturen und der Wirtschaft zum Wohle des Volkes
nutzen“,

bringt der Minister für Bergbau, Sebhat Ephrem, die Politik des Landes auf
den Punkt.

„Das ist unsere Verantwortung für die zukünftigen Generationen“,

betont er. Genau das widerspricht aber wirtschaftlichen Interessen von
internationalen Konzernen, die gerne Rohstoffe in Entwicklungsländern für
ein Butterbrot ausbeuten. Eritrea dagegen ist beim Abbau von Rohstoffen in
Konsortien mit kanadischen, australischen und chinesischen Firmen mit
Beteiligungen von 40 bis 50 Prozent dabei – der Gewinn wird in die
Entwicklung der Infrastruktur und die Ernährungssicherung investiert. In
Eritrea liegt auch das weltweit größte Vorkommen an Pottasche
(Kaliumchlorid) – Grundlage für die Herstellung von Dünger für die
Nahrungsmittelproduktion. Weltmarktführer in Abbau und Produktion von
Kaliumchlorid ist Kanada. Allerdings wird dort Kaliumchlorid sehr
kostenintensiv im Untertagebau gefördert. In Eritrea braucht man es –
salopp gesagt – nur vom Boden der Danakilsenke „abzukratzen“. Im Nu wäre
Eritrea einer Machbarkeitsstudie zufolge mit diesem Vorkommen an Pottasche
auf Anhieb weltweit der drittgrößte Produzent von Kaliumchlorid. Partner
dazu stehen bereits in den Startlöchern.

*„Ein menschenverachtendes Regime, systematische Folter“*

Ein anderes, düsteres Bild Eritreas zeichnet eine
UN-Untersuchungskommission. Diese wirft Eritrea schwerwiegende
Menschenrechtsverletzungen vor, skizziert das von den Medien aufgrund
solcher Berichte gerne als das „Nordkorea Afrikas“ titulierte Land als
einen Hort der Menschenverachtung, in dem die Menschen brutal unterdrückt
werden, zu lebenslanger „Sklavenarbeit“ gezwungen sind, in dem Frauen
Freiwild für Vergewaltiger sind und Christen aufgrund ihres Glaubens in
Container eingesperrt werden. Also als ein Land, in dem Menschenrechte
nichts zählen.

Der Bericht stützt sich einzig auf Aussagen von rund 550 Flüchtlingen aus
Eritrea, die in Lagern in Äthiopien, Dschibuti und Europa interviewt
wurden. Alle diese Aussagen wurden anonymisiert und sind damit kaum
nachprüfbar. In dem Bericht finden sich für Kenner des Landes Aussagen, die
aber eindeutig ins Reich der Fabeln zu verweisen sind. Wehrpflichtige seien
in der Goldmine Bisha, die von einem Konsortium der kanadischen
Bergbaufirma Nevsun und der staatlichen eritreischen Bergbaufirma, die rund
50 Prozent Anteil an der Mine hält, ohne Lohn zum Bau von
„Untergrundtunneln“ gezwungen worden, heißt es dort. Die Wahrheit ist: In
Bisha wird Gold, Kupfer und Zink im Tagebau gefördert…

Der Bericht der UN-Menschenrechtskommission blendet zudem mit System ihr
zugegangene nicht anonyme Stellungnahmen von über 40 000 Eritreern, die ihr
Land in einem anderen Licht sehen, einfach aus. Auch in Asmara ansässige
Diplomaten und internationale Organisationen wie UNDP, UNICEF, IKRK und
andere wurden von der UN-Menschenrechtskommission nicht befragt und haben
ein differenzierteres Bild vom Land.

„Eritrea ist nicht so, wie es in den Medien oft dargestellt wird“,

sagt beispielsweise der Botschafter der Bundesrepublik Deutschland, Andreas
Zimmer.

Tatsache ist aber dennoch, dass viele junge Menschen aus Eritrea flüchten.
Denn ihnen wird die Lebensperspektive genommen, weil der Nachbar Äthiopien
bis heute seine Kriegserklärung gegen Eritrea nicht zurückgezogen hat und
sie deshalb oft jahrelangen Militärdienst leisten müssen. Längst könnte
Frieden herrschen – aber Äthiopien akzeptiert den Schiedsspruch von Den
Haag nicht, der nach dem blutigen Krieg von 1998 bis 2000 im April 2002 die
Grenze zwischen beiden Ländern festlegt.

Die Garanten dieses Friedensabkommens, die Afrikanische Union und die
Vereinten Nationen sowie fast die gesamte internationale Gemeinschaft,
schweigen zu diesem unsäglichen und völkerrechtswidrigen Verhalten
Äthiopiens. Denn Äthiopien wird als „verlässlicher Partner“ im Kampf gegen
den Terrorismus eingeschätzt und dementsprechend unterstützt. Zusätzlich
leidet Eritrea unter UN-Sanktionen, die 2009 mit der Begründung verhängt
wurden, Eritrea unterstütze die islamistische Al-Shabab-Miliz. Diese
Behauptungen hatten zu keiner Zeit Substanz. Das stellt auch selbst die von
der UN eingesetzte Somalia Eritrea Monitoring Group (SEMG) Jahr für Jahr
fest. Einer Aufhebung der Sanktionen stimmen die USA jedoch nicht zu.


· Weiter zu Teil II:
*Deutsche Parlamentarier und äth‎iopische Kriegsrhetorik
<http://www.spreezeitung.de/23856/deutsche-parlame%E2%80%A6e-kriegsrhetorik/>*



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Received on Wed Sep 07 2016 - 16:25:17 EDT

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